Hartdrehen und Messen mit nur einem Ziel: besser als 1 μm
AUFGABENSTELLUNG
Werkstücke im automatischen Dauerbetrieb und mit minimalen Toleranzen zu fertigen, gelingt mit Messtechnik und Software zur Prozesskontrolle von Marposs, die neben der Fertigungsqualität auch die Dokumentation und Rückverfolgbarkeit der Teile sicherstellt. Die Aufgabe lautet, den Kegel der Werkzeugaufnahme diametral an zwei Stellen und der dazugehörigen Plananlage zu messen. Für den Kegel und die Messung gleichermaßen liegt die erlaubte Toleranz bei ± 2 µm. Außerdem werden die Bohrung diametral, die Spannschulter innen und die Abdrücktiefe gemessen. Vor dem Prozess wird der Nullpunkt gesetzt.
PRODUKTANWENDUNGEN
Die Alsto Präzisionsspannwerkzeuge GmbH ist in Burladingen nahe Tübingen ansässig und fertigt seit 14 Jahren kundenspezifische Werkzeugaufnahmen in höchster Präzision. Zum Angebot gehören neben HSK und SK-Spannzangenfuttern, Fräsdornen, Schrumpffuttern und Weldonaufnahmen auch Spannmuttern und Anzugsbolzen. Alsto setzt das Hartdrehen als finale Bearbeitung der Spannwerkzeuge ein. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Genauigkeit der Bearbeitung. Von Anfang an sind hier Hartdrehmaschinen von Hardinge im Einsatz. Bei der letzten Neuanschaffung fiel die Wahl auf eine T65SP MSY, die in der Toleranzklasse IT 4 fertigt, was bei Hardinge schon seit mehreren Jahren als Standard bei den Hochpräzisions-Hartdrehmaschinen gilt.
Über die hochpräzise Fertigung hinaus muss die neue Maschine bei Alsto auch verschiedene werkstückspezifische Messdaten liefern und diese dokumentieren. Hardinge setzt für derartige Aufgaben Messtechnik von Marposs ein. Der Werkstückmesstaster VOP40p gehört in vielen Maschinen zur Standardausstattung und ist auch jetzt bei Alsto im Einsatz. Weiterhin entwickeln beide Unternehmen gemeinsame Lösungen für kundenspezifische Messaufgaben. Dank der erprobt guten Zusammenarbeit wurden die hohen Erwartungen, die Alsto-Geschäftsführer Alber an die neue Maschine hatte, erfüllt. Die geforderte sehr hohe Wiederholgenauigkeit des Systems lässt sich nur erreichen, wenn alle Komponenten optimal aufeinander abgestimmt und die Schnittstellen sauber definiert sind.
Durch den stetigen Kontakt und den permanenten Austausch zwischen Alsto, Hardinge und Marposs war es schließlich möglich, für das gesamte System eine Wiederholgenauigkeit von einem „Muggaseggele“ zu verifizieren. Der schwäbische Ausdruck für „sehr klein“ beschreibt in diesem Fall eine Wiederholgenauigkeit von 0,7 µm.
Hartdrehen als Schleifersatz
Markus Günschmann, Produkt- und Sales Manager Turning bei Hardinge, erklärt dazu: „Unsere Maschinen erreichen standardmäßig eine Genauigkeit, die es unseren Kunden erlaubt, das Hartdrehen als Schleifersatz zu nutzen. Das schließt sowohl alle geometrischen Toleranzen als auch die Form und Lagetoleranzen sowie die geforderten Oberflächengüten mit ein. Dies bringt Vorteile bei der Bearbeitungsgeschwindigkeit und führt zu einer deutlichen Reduzierung der Zykluszeiten durch insgesamt weniger Bearbeitungsschritte. Vorteile zeigen sich auch beim Späne- und Kühlmittelmanagement und nicht zuletzt bei den Anschaffungskosten.“
Die Hardinge-CNC-Drehmaschinen der T-Serie sind prädestiniert für hochpräzise Hartbearbeitungen. Verschiedene Prozesse zur Fertigung komplexer Werkstücke sind in einer Aufspannung möglich. Die bei Alsto eingesetzte T65SP MSY leistet mit ihrer gekühlten Hauptspindel Drehzahlen bis 4000 min-1. Die Spindel läuft mit unter 0,7 µm Rundlaufgenauigkeit, und die Wiederholgenauigkeit der Achsen liegt bei 0,76 µm.
Die Messtechnik-Lösung
Aufgrund der hohen Prozessanforderungen kommt bei Alsto der hochpräzise Schaltmesskopf VOP40p mit optischer Signalübertragung zum Einsatz.
Er erkennt die Maschinenachsposition automatisch und dient so der Werkstückpositionierung und genauen Werkstückmessung. Die zugehörige Software erlaubt es, Abweichungen durch Werkzeugverschleiß unmittelbar zu korrigieren.
Prozesssicher mit dem CNC Probing Recorder
Die Software „CNC Probing Recorder“ dokumentiert alle in der Maschine gemessenen Werte. Sie ist über eine Ethernet-Schnittstelle mit der CNC-Steuerung verbunden und weist die gemessenen Werte samt oberer und unterer Toleranzgrenzen anhand definierter Prozesse zu. Mit der Werkstück-ID sind alle Daten dem jeweiligen Werkstück zugeordnet.
Zusätzlich ist es möglich, mit dem Recorder die Kennzahlen CpK und PpK im laufenden Prozess auszuwerten. Die ermittelten Daten liefern die Basis für Berichte zu jedem Werkstück, Messungstyp und statistischem Verlauf.
NUTZEN
Dank der verwendeten Piezotechnik erreicht der VOP40p eine Wiederholgenauigkeit von 0,25 µm bei 2 σ und Messgeschwindigkeiten bis zu 3000 mm/min. Die optische Signalübertragung ist immun gegenüber Lichtinterferenzen. Wenn viele Systeme auf kleinem Raum installiert sind, werden idealerweise die zur Verfügung stehenden Mehrkanalfrequenzen verwendet. Der steckbare Messarm für die Werkzeugvermessung, Mida Tool Eye von Marposs, rundet die Messtechnik in der Maschine ab.
FAZIT
Nachdem sowohl der Fertigungsprozess, die Messtechnik und Dokumentation sowie das Be- und Entladesystem erfolgreich abgebildet wurden, läuft die Fertigung bei Alsto automatisiert im Dauerbetrieb erwartungsgemäß mit einer Wiederholgenauigkeit des Gesamtsystems von unter 1 µm. Ein Ergebnis, das dem erfolgreichen Austausch der beteiligten Unternehmen Alsto, Hardinge und Marposs geschuldet ist.